Das Oberlandesgericht Bremen hat entschieden, dass eine Sorgerechtsvollmacht nicht automatisch ausreicht, um die gerichtliche Übertragung der alleinigen elterlichen Sorge zu vermeiden – insbesondere, wenn eine gemeinsame Sorgeausübung wegen häuslicher Gewalt oder massiver Konflikte nicht möglich ist.

Hintergrund des Falls

Die Eltern hatten das gemeinsame Sorgerecht, lebten aber getrennt.
Die Mutter zog nach wiederholten Gewalttätigkeiten des Vaters mit den Kindern in ein Frauenhaus.
Obwohl der Vater ihr später eine umfassende Sorgerechtsvollmacht erteilte, verweigerte er die Zustimmung zur gerichtlichen Übertragung der Alleinsorge.

Das Amtsgericht übertrug daraufhin der Mutter die alleinige Sorge – der Vater legte Beschwerde ein.

Entscheidung des OLG Bremen

Das Oberlandesgericht bestätigte die Entscheidung des Amtsgerichts:

  • Die Alleinsorge der Mutter bleibt bestehen.

  • Eine Vollmacht des anderen Elternteils kann eine gerichtliche Entscheidung nicht ersetzen, wenn gravierende Belastungen wie Gewalt oder Vertrauensbrüche vorliegen.

  • Eine Zusammenarbeit der Eltern war hier nicht mehr zumutbar.

  • Maßgeblich ist allein das Kindeswohl – nicht die formale Einigung der Eltern.

Bedeutung für die Praxis

Die Entscheidung verdeutlicht:
Auch wenn eine Sorgerechtsvollmacht praktisch erscheinen mag, schützt sie nicht automatisch vor einem gerichtlichen Verfahren.
Bei anhaltenden Konflikten, fehlender Kommunikationsbasis oder Gewalterfahrungen kann das Familiengericht die Alleinsorge übertragen, um klare und sichere Strukturen für die Kinder zu schaffen.

📄 Quelle: OLG Bremen, Beschluss vom 10.07.2025 – 4 UF 38/25